Programm

Freitag

(Teilnahme ohne Anmeldung möglich)

Abends


Ab 18:00 Uhr: Ankunft im Johannes-Lang-Haus (Allerheiligenstr. 10, 99084 Erfurt)

Zeit anzukommen: Getränke an der Bar

20:00 Uhr: Kongresseröffnung und Lesung im Johannes-Lang-Haus (Allerheiligenstr. 10, 99084 Erfurt)

„Die Utopie würde notwendig sein“:
Eine Lesung zur Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss

Referent: Ludwig Winter

Info: „Die Ästhetik des Widerstands“ (1976, 1979, 1981) von Peter Weiß  (1916-1982) ist ein literarisches Denkmal, das an das Scheitern der  historischen Arbeiterbewegung erinnert – gescheitert auch und gerade als  antifaschistische Bewegung. Sie ist gescheitert an ihren inneren  Spaltungen, gescheitert durch den Stalinismus als neue Herrschaftsform,  gescheitert vor der Übermacht des Nationalsozialismus, der  Kommunist:innen und Sozialdemokrat:innen ermordete und ins Exil jagte.  Als Sohn eines jüdischen Vaters fühlte sich Peter Weiss als  Davongekommener und insofern verpflichtet, Zeugnis abzulegen. „Die  Ästhetik des Widerstands“ ist kein Roman, der Durchhalteparolen liefert –  er ist vielmehr ein (durchaus sperriges) Zeugnis von Verzweiflung und  Resignation angesichts des Verlaufs des 20. Jahrhunderts. Aber in ihm  ist eine Theorie darüber angelegt, wie sich die Enteigneten und  Beherrschten Kultur und Geschichte aneignen können. Insofern ist dieses  Buch immer noch aktuell.

Peter Weiss war ein Schriftsteller, Maler, Filmemacher und  Intellektueller, dessen Werk durch zwei Suchen geprägt ist: der nach  einer politischen Positionierung, die sowohl die kollektive als auch die  subjektive Befreiung ermöglicht und der nach einer praxistauglichen  Ästhetik, die diesem Ziel zuarbeitet. Zur Politik fand Weiss nach Ende  des Zweiten Weltkriegs, ausgelöst durch die Bilder aus Auschwitz, die  ihm vor Augen führten, zu welcher Gewalt die Gesellschaft, zu der er  sich zugehörig gefühlt hatte, in der Lage war. Fortan schrieb Weiss für  das Gelingen einer Zukunft, in der Herrschaft, Krieg und Gewalt nicht  länger existieren würden: In seinen Theaterstücken etwa, nahm er die  Konfliktlinien der sich formierenden 68er-Bewegung vorweg (Marat/Sade), führte der deutschen Gesellschaft das Grauen und die industrielle Funktionsweise von Auschwitz vor Augen (Die Ermittlung), solidarisierte sich mit antikolonialen Befreiungskämpfen (Gesang vom Lusitanischen Popanz, Viet Nam Diskurs) und schrieb gegen die stalinistische Geschichtsschreibung an (Trotzki im Exil). Die Ästhetik des Widerstands  schließlich kann als sein Hauptwerk verstanden werden, in der Weiss  seine politischen und ästhetischen Überlegungen in einem Roman  zusammenführt.

Wir wollen das Buch vorstellen, einige Passagen aus dem Roman lesen und im Gespräch mit Ludwig Winter einordnen.

Samstag

(Teilnahme nur mit Anmeldung möglich)

Vormittags


10:00-12:00 Uhr: Eröffnungspodium im Johannes-Lang-Haus (Allerheiligenstr. 10, 99084 Erfurt)

Zum Verhältnis von Autoritarismus und Gesellschaft

Referent*innen: Christine Kirchhoff, Heide Gerstenberger, Alex Struwe

Info: Verschärfung ökonomischer Gegensätze und internationaler Konkurrenz, Krisen und Kriege, Abbau des Sozialstaats, Aufbau des Grenzregimes uvm. zeigen eine aktuelle autoritäre Zuspitzung von Politik.

Bevor wir uns in einzelnen Vorträgen, Workshops und Austauschrunden näher damit befassen, wollen wir auf dem Podium einen Schritt zurückgehen und zuvorderst klären: Was ist Autoritarismus, was sind seine individuellen und gesellschaftlichen Grundlagen und wie steht das miteinander im Verhältnis? Warum können wir aktuell eine Verschärfung von autoritären Verhältnissen beobachten; wie erklärt sich bei sozialpsychologischen, gesellschaftlichen und historischen Kontinuitäten die aktuelle Veränderung der politischen Lage?

Um eine gemeinsame theoretische Grundlage für den Kongress zu schaffen und diese Fragen zu klären, kommen wir mit  Christine Kirchhoff, Heide Gerstenberger und Alex Struwe ins Gespräch.


12:00-13:30 Uhr: Pause / Mittagessen (Küfa)


Mittags


13:30-15:30 Uhr: Workshops und Vorträge

Am Ende vom „Letzten friedlichen Sommer“ – Militarismus und Krieg im 21. Jahrhundert (Workshop)

Referent: Ewgeniy Kasakow

Info: Der vergangene Sommer könnte der „letzte Friedenssommer für uns Deutsche sein“, warnte neulich der Militärhistoriker Sönke Neitzel von der Universität Potsdam. Im Klartext könnte es bedeuten, dass bald auch diejenigen, die „No Borders, No Nations“-Merch tragen, auf Befehl an den Grenzen für die Nation töten und sterben müssen. Oder ist es alles Propaganda, Russland wird eh nicht angreifen und man sollte jetzt „Frieden mit Russland und China“ auf die Fahnen der Antikriegsbewegung schreiben? Oder vielleicht sich sich von der zynischen „Äquidistanz“ verabschieden und Freiheit, Demokratie und Souveränität (ukrainische und unsere eigene natürlich) gegen die „Achse der Autokraten“ verteidigen? Heißt „antiautoritär“ sein für demokratische Herrschaft zu kämpfen? Oder einfach alle Staaten als Freiheitsberaubung anprangern? Heißt internationale Solidarität für oder gegen Waffenlieferungen zu sein? Und an wen? Darf „Aggressor Putin“ unbestraft davon kommen? Oder die Verantwortlichen von Spardiktaten, Privatisierungen und Austeritätspolitik? Und wenn nicht – wer soll sie überhaupt bestrafen können? Oder sollten die Linken sich statt um diese Fragen zu kümmern, versuchen dafür zu sorgen, dass den Staatslenkern die Freiheit genommen wird uns als Manövriermasse auf die Schlachtfelder zu schicken?

Darüber wollen wir gemeinsam diskutieren.

100 Jahre Migrantifa – Migrantische Kämpfe gegen autoritäre Formierungen (Vortrag)

Referent: Massimo Perinelli

Info: Migration und die darin stattfindenden sozialen, politischen und kulturellen Kämpfe stehen dem Autoritarismus wie nichts Anderes entgegen. Diese Kämpfe gegen Ausbeutung, um menschenwürdiges Wohnen, um Bewegungsfreiheit, um politische Partizipation, gegen Diskriminierung und für eine Gesellschaft, die auf Differenz statt auf Homogenisierung aufbaut, haben diese Gesellschaft seit über hundert Jahren geöffnet und demokratisiert. Das ist der Grund, warum heute der autoritäre Durchmarsch weltweit sich in erster Linie gegen die Realitäten der Migration richtet und Rassismus das bestimmende Narrativ der Rechten ist.

Der Workshop wird anhand eines kursorischen Gang durch die Geschichte der Migration dessen Kämpfe skizzieren und daraus eine Kritik insbesondere auch an den gegenwärtigen autoritären, identitären und orthodoxen Schließungen innerhalb der Linken entwickeln.

Die sozialpolitische Doktrin der Neuen Rechten – Strategische Vereinnahmung und kalkulierte Provokation (Vortrag)

Referent: Matheus Hagedorny

Info: Mitte der 2010er Jahre entdeckte die extreme Rechte einmal mehr die  „soziale Frage“. Neurechte Ideologen wollten „Marx von rechts“ besetzen  und den 1. Mai als Symbol der Linken schleifen. Tatsächlich rezipieren  einige Köpfe aus dem Vorfeld der AfD linke und sozialpolitische Ansätze.  Die selektive und rhetorische Übernahme einiger solcher Ideen dient der  Provokation, der Reduktion von Angriffsflächen und der scheinbaren  Bearbeitung der „sozialen Frage“.

Der Workshop geht den Strategien  dieser Aneignung nach. An zwei Beispielen, dem von Björn Höcke  ausgerufenen „solidarischen Patriotismus“ und der von Recherche Dresden  propagierten „nachbarschaftlichen Marktwirtschaft“, gehen wir der Frage  nach, welches alternative Verständnis von Solidarität diese Konzepte  transportieren.

„Die Struktur des Faschismus ist autoritär“:
Adorno und der Zusammenhang von Autoritarismusanalyse und Gesellschaftstheorie (Workshop)

Referent: Alex Struwe

Info: 2020 wurden Leo Löwenthals und Norbert Gutermans Studien zur faschistischen Agitation „Falsche Propheten“ neu aufgelegt und vom Verlag als „Buch für unsere Gegenwart“ beworben. Carolin Emcke lobte im Nachwort, dass Löwenthal „uns jene Begriffe und Methoden schenkt, mit denen sich diese düsteren Zeiten besser und genauer verstehen lassen“. Aber lässt sich eine knapp 80 Jahre alten Analyse so umstandslos in die Gegenwart übertragen? An der neuen Würdigung Löwenthals und der Kritischen Theorie als Autoritäten der Autoritarismusanalyse zeigte sich eher, wie hilflos wir der Regression der Gegenwart gegenüberstehen. Was kann uns die historische Faschismus- und Autoritarismusanalyse der Kritischen Theorie aus den 1940er Jahren also heute wirklich sagen? Welche Erkenntnis liefert sie zu „unseren düsteren Zeiten“?

In seinem Aufsatz „Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda“ gibt Theodor W. Adorno dazu ein bemerkenswerte Antwort: Die Krux an der Analyse Löwenthals ist nicht, dass sie eine Sammlung von Instrumenten, Methoden und Begriffen für den beliebigen Gebrauch liefert. Die Stärke der Erkenntnis liege darin, die „strukturelle Einheit“ der faschistischen Propaganda zu begreifen, die „Gesamtkonzeption, die jedes Wort, das gesprochen wird, bestimmt“. Diese Einheit sei das Autoritäre, denn „die libidinöse Struktur des Faschismus und die gesamte Technik faschistischer Demagogen ist autoritär“. Um aber wiederum diesem Autoritarismus jenseits bloßer Schlagworte auf die Schliche zu kommen, brauche es eine darüber „weit hinausreichende entfaltete Theorie der Gesellschaft“.

Anhand des Aufsatzes von Adorno will der Workshop dieses Problem der Autoritarismusdiagnose nachvollziehen. Durch die gemeinsame Diskussion ausgewählter Textstellen gehen wir der Frage nach, was eine solche Gesellschaftstheorie des Autoritarismus bedeutet, welche Probleme damit verbunden sind – und wie sie heute aussehen kann.

Literatur zu Vorbereitung

Adorno, Theodor W. 1980: Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda. In: Helmut Dahmer (Hrsg.): Analytische Sozialpsychologie. Band 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 318–340.

Löwenthal, Leo 2020: Falsche Propheten. Studien zur faschistischen Agitation. Berlin: Suhrkamp.

Was ist konformistischer Marxismus? (Lektüreworkshop)

Referentin: Lisa Herbst

Info: „Die Verlockung des Erfolges und der süße Duft des Sieges sind, was den orthodoxen Marxismus attraktiv macht. Der Marxismus-Leninismus und der Maoismus versprechen: Mit uns gibt es keinen Unsinn – wir kennen den Weg zum Erfolg. Das ist der Grund für ihre anhaltende Attraktivität als Doktrinen – im Gegensatz zu Anarchismus, Syndikalismus, Rätekommunismus und so weiter haben sie sich bewiesen. Sie können siegreiche Revolutionen vorweisen, die nur darauf warten, nachgeahmt zu werden. Alles andere erblasst angesichts der Tatsache ihres Sieges. Die Anhänger des orthodoxen Marxismus rühmen und propagieren die siegreichen Revolutionen und Parteien als den Weg zum Erfolg – bis zu dem Punkt, an dem ihre Mängel allzu offensichtlich werden, dann ist eine andere Revolution an der Reihe. Das Nachträgliche der Einsicht lässt den Marxismus zur Apologie werden. Der Marxismus verkommt zur Öffentlichkeitsarbeit für revolutionäre Bewegungen; kritisch wird er erst, wenn alle Stricke reißen. Es mag vielleicht für die Philosophie ausreichen, die Wahrheit erst mit der einbrechenden Dämmerung zu erkennen, doch für den Marxismus müsste der Flug der Eule der Minerva früher beginnen. Wer die Fehlschläge missbilligt, nachdem das Urteil bereits gesprochen wurde, kommt zu spät.“ (Russell Jacoby 1980)

Gemeinsam lesen wir Auszüge aus dem Essay „Was ist konformistischer Marxismus“ von Russell Jacoby. Dieser setzt sich mit dem Konformismus des orthodoxen Marxismus auseinander, den Verlust des kritischen Stachels auf der Jagd nach dem Erfolg (so die These Jacobys) und den theoretischen Grundannahmen und Konsequenzen dieser geschichtsphilosophischen Auffassung.

Russell Jacoby lehrt an der University of California, Los Angeles  (UCLA). Geboren 1945 in New York, studierte er an der University of  Chicago und der University of Wisconsin-Madison, die 1968 eines der  Zentren der amerikanischen Studentenbewegung und der Neuen Linken war.  Seine ersten gesellschaftskritischen Texte erschienen Anfang der 1970er  Jahre. Seitdem publizierte er eine Vielzahl von Artikeln, Essays und  Büchern, zuletzt On Diversity. The Eclipse of the Individual in a Global Era  (2020). Über die Einflüsse, die sein Denken geprägt haben, hielt er  einmal fest: »Ich glaube, man könnte sagen, dass ich ein entfernter oder  distanzierter Schüler der Frankfurter Schule bin. Ich wollte nie nur  ein Gefolgsmann oder nur ein Historiker der Frankfurter Schule sein.  Vielmehr wollte ich im Geiste der kritischen Theorie schreiben.«

Eine Sammlung seiner erstmals in deutscher Sprache veröffentlichten Aufsätze erscheint hoffentlich im Herbst 2025 unter dem Titel „Der tendenzielle Fall der Vernunftrate – Über den Niedergang der Linken und das Ende der Utopie“ im ca ira Verlag.

Autoritarismus und Antifeminismus (Vortrag)

Gruppe: …ums Ganze! – kommunistisches Bündnis

Info: Deutsch, soldatisch, hetero – die extreme Rechte und das Patriarchat.

Die Rechten hassen das Gendern, Regenbogenflaggen, (die meisten) erfolgreichen Frauen, kurz: den Feminismus! Oder viel mehr, was feministische Kämpfe in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht haben.

Das wenige, was für den neoliberalen Feminismus zu vermarkten war – ein bisschen Gleichberechtigung, ein bisschen körperliche Selbstbestimmung, ein bisschen weniger heteronormative Alltagsgrütze – reicht schon aus, um verstaubte AfD-Opas und neurechte Jugend Influencer panisch werden zu lassen: sie haben Angst zu verlieren, was ihr „natürliches Anrecht“ ist; Angst davor selbst ein bisschen gay zu sein…? In diesem Vortrag setzen wir uns mit Männlichkeit und der extremen Rechten auseinander und erklären, warum Antifeminismus und Homo- & Queerfeindlichkeit schon immer ein Teil ihrer Ideologie war.

Wir schauen, an welchen Stellen Allianzen von Abtreibungsgegnern und Verschwörungsgläubigen entstehen, mit welchen Erzählungen der antifeministische Quatsch verbreitet wird und warum vor allem auch junge Männer sowas geil finden.  Abschließend wollen wir Überlegungen vorstellen, wie ein feministischer Antifaschismus aussehen kann, der tatsächlich zur Gefahr für die autoritäre Formierung wird.

Make feminism a threat!

Einführung Antisemitismuskritik & linker Antisemitismus (Vortrag und Diskussion)

Referent: Peter Schulz

Info: Ausgehend davon, Antisemitismus nicht als individuelles Vorurteil oder als Diskriminierung von Jüdinnen*Juden zu verstehen, sondern als gesellschaftliches Verhältnis, dass durch die Feindschaft gegen ein imaginiertes jüdisches Prinzip strukturiert ist, soll der Vortrag die Frage eröffnen, ob es spezifisch linken Antisemitismus gibt.

Dazu wird er zunächst – auch zur Einführungen in die Kritik des Antisemitismus – Kernelemente des modernen Antisemitismus, die auch für möglichen linken Antisemitismus zentral wären und im Anschluss gegenwärtige Varianten des sogenannte ‚sekundäre Antisemitismus‘, also ein Antisemitismus nach und in Bezug auf Auschwitz, aber auch ‚Krypto-Antisemitismus‘, vorgestellt. Sie dienen als Grundlage für die Frage, ob es spezifische Formen linken Antisemitismus gibt, also einen Antisemitismus, der sich in seiner Funktion vom allgemeinen Antisemitismus – der sich auch bei Linken ausdrückt – unterschiedet, und auch nicht bloß dadurch zu verstehen ist, dass Akteur*innen und Gruppen fälschlicherweise als links erscheinen. Linker Antisemitismus, so die These des Referenten, ist nur im Zusammenhang mit dem historischen Versagen der Arbeiter*innenklasse und des Pazifismus sowie einer spezifischen Form der Komplexitätsabwehr zu verstehen.

In der Diskussion soll neben der Frage des Antisemitismus bei Linken auch diskutiert werden, wie der Kampf gegen ihn erfolgreich geführt werden kann.

Materialistische Rassismuskritik (Workshop)

Referentin: Hannah Akgül

Info: In den meisten Antidiskriminierungsorganisationen,  Diversity-Stabstellen und sogar autonomen linken Gruppen finden wir ein  liberales oder postkoloniales Verständnis von Rassismus und der damit  verbundenen Antirassismusarbeit. Dieses ist immer mit der Idee der  Diversität, Inklusion und Repräsentation verbunden. Dabei sehen liberale  Antirassist:innen den Rassismus als ein falsches Denken, ein  Überbleibsel der Rassentheorie, das man sich mit Reflexion und genug  Anti-Rassismus-Training abgewöhnen kann. Dass überproportional viele  Menschen mit Migrationshintergrund im Niedriglohnsektor tätig sind und  warum rassistische Gewalt gerade in Zeiten der Krise immer zunimmt, wird  sich dabei selten gefragt. Um diese Fragen zu beantworten benötigt es  ein weitgehenderes Rassismusverständnis als „Diskriminierung gegen  Ausländer“

Für eine emanzipatorische und  antirassistische Praxis gehört eine Analyse des Rassismus, die sich mit  seinen ökonomischen, historischen und sozialpsychologischen Ursachen  beschäftigt. 

Wir wollen uns in diesem Workshop  damit befassen, was Rassismus mit Kapital zu tun hat und der damit  einhergehenden Überausbeutung von rassifizierten Menschen. Wir schauen  uns an, wie es in den frühen britischen Kolonien zur rassistischen  Sklaverei kommen konnte. Und mit Hilfe der Psychoanalyse wollen wir die  sozialpsychologischen Mechanismen hinter rassistischem Denken besser  verstehen. Darüber hinaus wollen wir einen kritischen Blick auf  postkoloniale und postmoderne Konzepte wie die Critical Whiteness  Studies oder die Intersektionalität werfen.

Lektürekurs zum „autoritätsgebundenen Charakter“ (Workshop)

Referentin: Christine Kirchhoff

Info: Lektüre und Diskussion von Auszügen aus „Schuld und Abwehr. Eine qualitative Analyse zum Gruppenexperiment “ von Theodor W. Adorno (1955) und aus „Der Weg zur inneren Einheit. Elemente des Massenbewusstsein BRD 1990“ von Wolfgang Pohrt (1991). Fragen, die sich dabei stellen könnten: Warum Charakter? Was ist die „Zwischenschicht“ (Adorno)? Wie verhält sich diese Zwischenschicht zu Gesellschaft und Subjektivität? Was unterscheidet Pohrts Untersuchung von ihrem Vorbild, den Studies on Prejudice? Inwiefern ist der autoritätsgebundene Charakter noch immer aktuell?

Die liberale Demokratie und ihr Ende (Vortrag) Fällt leider aus

Referent: Ernst Lohoff

Info: Zu den Urmythen der liberalen Demokratie gehört die Vorstellung, ökonomische und politische Freiheit, Marktwirtschaft und Demokratie seien zwei Seiten derselben Medaille. Der scheinbar unaufhaltsame Vormarsch des Autoritarismus in den letzten Jahren zeigt jedoch ein anderes Bild. Unter Schönwetterbedingungen lassen sich liberale Demokratie und Rechtsstaat einerseits und Kapitalismus andererseits vereinbaren, jedoch nicht mehr im Krisenkapitalismus unserer Tage. Durch die marktreligiöse Umgestaltung der Gesellschaft hat die liberale Demokratie ihre Fähigkeit zum sozialen Interessenausgleich verloren. Damit hat sie dem Vormarsch rechter Identitätspolitik den Boden bereitet. Dass ausgerechnet in den USA, dem Land, in dem Rechtsstaat und Gewaltenteilung erstmals verwirklicht wurden, diese Prinzipien nun auf dem Müllhaufen der Geschichte landen, ist alles andere als Zufall. Auch in Europa bedeutet, den Kampf gegen Rechts zu führen, ohne die Frage des gesellschaftlichen Reichtums neu zu formulieren, letztlich, diesen Kampf zu verlieren. Das hat aber weitreichende Folgen für die Entwicklung einer emanzipativen Gegenperspektive.

Krise macht Rechtsruck – aber welche Krise? (Vortrag und Diskussion) Fällt leider aus

Referent: Stephan Kaufmann

Info: Überall das gleiche Bild: Rechte Parteien gewinnen an Zuspruch, gleichzeitig rücken die Parteien der „Mitte“ nach rechts. Das hat auch etwas mit Wirtschaft und Krise zu tun – aber was? Von abstürzenden Börsenkursen, Rezession und Massenarbeitslosigkeit ist schließlich nichts zu sehen. Sind es wachsende Armut, Unsicherheit und Ungleichheit, die die Leute nach rechts treiben? Wäre eine „antifaschistische Wirtschaftspolitik“ die Lösung? Und ist es ein Zufall, dass parallel zum Rechtstrend der Bevölkerung ein globales Wettrüsten und Handelskriege stattfinden?


15:30-16:30 Uhr: Kaffee-Pause


Nachmittags


16:30-18:00 Uhr: Austauschrunden

Stadtrundgang

Gruppe: Erfurt im NS

Info: „Zwischen Anpassung und Widerstand“

Der Nationalsozialismus mit seinen tragenden Ideologien des Antisemitismus und der Volksgemeinschaft war ein Herrschaftssystem, das nur durch das Mitmachen und die stillschweigende Duldung großer Teile der deutschen Gesellschaft etabliert und konsolidiert werden konnte. Kritische Stimmen und organisierten Widerstand frühzeitig auszuschalten, hatte deshalb für die NSDAP eine hohe Priorität bei der Erringung und Festigung ihrer Macht. In unserem Stadtrundgang wollen wir anhand konkreter historischer Orte, Ereignisse und Biografien sichtbar machen, wie die Faschisten ihre Machtübernahme organisierten, welchen Widerstand es dagegen gab und wie die Erfurter Stadtgesellschaft sich zur Abschaffung der Weimarer Demokratie verhielt. Neben der Frühphase des Nationalsozialismus und dessen Konsolidierungsprozess nehmen wir auch in den Blick, wer vom neuen, rassistisch begründeten, System negativ betroffen war und wie Ausschluss und gesellschaftliche Spaltung letztlich die staatlich organisierte antisemitische Vernichtung vorbereiteten.
Wir sind ungefähr für zwei Stunden in der Erfurter Innenstadt zu Fuß unterwegs.

(Post-)migrantische politische Perspektiven gegen Autoritarismus und Rassismus

Gruppe: Antifa Azadi & Thüringer Genoss*innen

Info: (Post)migrantische Communities sind vom sprunghaften Anstieg rassistischer und rechter Gewalt und vom autoritären Abdriften der bürgerlichen Mitte besonders betroffen – insbesondere auch im Osten. Gleichzeitig sind sie jedoch auch Angriffen durch autoritäre, rechtsextreme und islamistische Kräfte innerhalb dieser Communities ausgesetzt. Gute Teile der antifaschistischen Linken ignorieren diese Gefahr weiterhin – es kommt sogar zu Bündnissen mit autoritär-migrantischen Akteuer:innen. Wie kann eine antifaschistische Politik & Selbstorganisation in der Migrationsgesellschaft aussehen?

Zum (Wieder-)Erstarken der autoritären Linken: Erklärungsversuche & Austausch

Gruppe: Kappa Leipzig & Basisgruppe Antifa Bremen

Info: “Die Straße frei der roten Jugend”, in Reih und Glied getragene Hammer und Sichel-Fahnen – in der radikalen Linken in Deutschland hat sich etwas verändert. Gruppen mit einem positiven Bezug auf Lenin, Stalin, Mao und Trotzki spielten über Jahrzehnte in der deutschen Linken nur eine randständige Rolle, scheinen nun plötzlich “wie aus dem Nichts” wieder aufgetaucht zu sein und nehmen zunehmend inhaltlich, praktisch und kulturell einen immer größeren Raum in der radikalen Linken ein. Es ist dringend an der Zeit, sich mit ihnen inhaltlich ernsthaft auseinanderzusetzen. 
Damit angefangen hat die Bremer Basisgruppe Antifaschismus.

In diesem Workshop wird ein Einblick in den vorläufigen Zwischenstand ihrer Diskussion geboten, versucht Gründe für und Argumente gegen das (Wieder)Erstarken der autoritären Linken zu bilden.
Besonderen Raum soll dabei der Austausch über die eigenen Erfahrungen, insbesondere in Ostdeutschland bekommen.

Kampfsport, Nagellack, Fred Perry – Linke Männer und das Patriarchat

Gruppe: Kritik und Intervention – Feministische Gruppe in Erfurt

Info: In Anknüpfung an den Vortrag von Ums Ganze zu rechten Männern und dem Patriarchat wollen wir den Blick auf unsere eigenen Strukturen und Gruppen richten. Gerade angesichts des Erstarkens autoritärer, roter Gruppen wird auch in linken Kontexten wieder intensiver über Männlichkeit gesprochen – doch häufig bleibt dies eine Externalisierung des Problems: toxische Männlichkeit wird vor allem bei „den Anderen“ verortet: Jungfaschos, die CSDs in ostdeutschen Städten angreifen oder rote Macker, die ihre Revolutionsfantasien mit martialischem Auftreten inszenieren – solche Ausprägungen von Männlichkeit bieten genug Abgrenzungspotenzial um eine vermeintlich reflektierte linke Männlichkeit zu konstruieren und sich selbst zu bestätigen.

Wir finden: Es ist notwendig, unsere eigenen Zusammenhänge kritisch zu reflektieren und in (Selbst-)Kritik zu gehen.
In einem kurzen theoretischen Input (u. a. Rolf Pohl, Jessica Benjamin, Raewyn Connell) wollen wir diskutieren, unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen Männer sozialisiert werden, wie sich männliche Identität formt – und was dies für linke Männlichkeit bedeutet.

Darauf aufbauend blicken wir auf einige Fälle patriarchaler Gewalt und antifeministischer Dynamiken in unseren eigenen Strukturen in den letzten Jahren. Gemeinsam mit euch wollen wir darüber sprechen, was das für unseren feministischen Selbstanspruch als Linke heißt.
Fragen zum diskutieren könnten u.a. sein:

Wie sind auch FLINTAs darin verstrickt problematische Männlichkeit in der Linken zu dulden oder zu reproduzieren?

Ist die Vorstellung von einer substanziell „anderen“ linken Männlichkeit nur ein Mythos?

Welche Ansprüche können und müssen wir aus feministischer Perspektive an unsere männlichen Genossen stellen?

Nahost-Debatte in linken Bündnissen

Gesprächsrunde mit Genoss*innen aus Thüringen

Info: Die Nahost-Debatte kommt auch in linken Bündnissen hoch, die sich zu anderen Anlässen zusammengeschlossen haben (CSD, feministischer Kampftag, Antira, Anti-Repression, Antifa, …) – Was sind Erfahrungen aus den letzten zwei Jahren Bündnisarbeit, Geschichten des Scheiterns oder des Gelingens – Fehler, Möglichkeiten, Bedingungen und Grenzen der Zusammenarbeit?

Darüber möchten wir uns austauschen.

Strategien im Kampf gegen Asylrechtsverschärfungen

Gruppen: Seebrücke Erfurt & Soliasyl Thüringen

Info: Im letzten Jahr verging kaum ein Monat, in dem nicht neue Gesetze zur Verschärfung des deutschen Asylrechts verabschiedet oder neue repressive Maßnahmen gegen Geflüchtete eingeführt wurden. Im Zentrum dieser Politik stand dabei stets das Ziel, die Abschiebungen von Schutzsuchenden aus Deutschland zu erleichtern.

Der Workshop gibt einen Überblick über die sich rapide verändernde Situation und fragt danach, mit welchen Strategien asylpolitische Aktivisti auf diese Entwicklung reagieren können.

Zum aktuellen Stand revolutionärer Stadtteilarbeit

Gruppe: Vogliamo Tutto

Info: In den letzten Jahren sind in mehreren Städten in Deutschland Stadtteilgewerkschaften entstanden, die versuchen, Menschen im Stadtteil über Beratung zu existenziellen Themen (Bürgergeld, Aufenthaltsrecht, Arbeitsrechte, Mietfragen) für eine Organisierung mit revolutionärer Perspektive zu gewinnen. Diese Form der Stadtteilarbeit ist eine Antwort auf die Frage, wie es gelingen kann, die Isolation der radikalen Linken zu überwinden, breiter in die Gesellschaft hineinzuwirken und langfristig tragfähige Organisations- und Beziehungsformen aufzubauen.
In der Diskussionsrunde wollen wir zunächst einen Input zum aktuellen Stand dieser Bewegung geben und im Anschluss daran mit euch darüber sprechen, vor welchen offenen Fragen, Problemen und längerfristigen Aussichten der Praxisansatz der Stadtteilgewerkschaften steht.

Moderiert wird die Diskussion von der Gruppe Vogliamo Tutto, die in dem Interviewband „Revolutionäre Stadtteilarbeit“ fünf Stadtteilgruppen zu ihren Praxiserfahrungen und strategischen Überlegungen befragt hat und den Praxisansatz seitdem solidarisch begleitet. Einzelpersonen aus der Gruppe sind zudem in der Stadtteilgewerkschaft „Lichtenrade Solidarisch“ in Berlin aktiv.

Umgang mit Antisemitismus nach dem 7.Oktober

Gruppe: Tacheles Berlin & Initiative 7.Oktober

Info: Seit dem 7. Oktober 2023 hat der weltweit grassierende Antisemitismus noch einmal Fahrt aufgenommen. Der seit dem Angriff der Hamas andauernde Krieg in Gaza befeuert den Zulauf für die antisemitische Internationale, die unter dem Deckmantel sich für die Zivilbevölkerung einzusetzen, die Propaganda der islamistischen Miliz gerne aufgreift. Das Ausmaß der sexualisierten Gewalt, der Akt der Ermordung möglichst vieler Juden*Jüdinnen und die Verschleppung hunderter Geiseln in den Gaza-Streifen wird verdrängt, vergessen oder gar als Akt eines legitimen Widerstands verklärt. Auf Großdemonstrationen laufen islamistische Akteure neben linksradikalen Gruppen, Parteien und Neonazis vereint gegen Israel. Gleichzeitig ist mit der AfD eine Partei zur stärksten Oppositionskraft aufgestiegen, die Antisemitismus als wesentliches Ideologieelement und Welterklärungsmodell, zwischen antisemitischen Verschwörungserzählungen und Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus, nach außen trägt. Der weltweite Antisemitismus als Krisenideologie hat aufgrund globaler und nationaler Verwerfungen Hochkonjunktur auf allen Ebenen. Geförderte Demokratieprojekte und Antisemitismus-Monitorings spiegeln den Antisemitismus in den gestiegenen Fallzahlen wider, dabei bleibt die Kritik des Antisemitismus solcher Stellen eine Antwort auf seine gesellschaftlichen Ursachen schuldig. Die ideologiekritische Aufgabe der Antisemitismuskritik, den Zusammenhang seines Gegenstandes und der Gesellschaft, die ihn hervorbringt, sichtbar zu machen, verschwimmt zunehmend. Die Austauschrunde soll den Rahmen geben darüber zu diskutieren, welche Relevanz und Bedrohungspotenziale die jeweiligen Ausprägungen des Antisemitismus haben und wie eine theoretische und praktische Antisemitismuskritik stattfinden kann, die dem kategorischen Imperativ Adornos gerecht wird: „Denken und Handeln so zu gestalten, dass Auschwitz sich nicht wiederhole, nichts Ähnliches geschehe.“

Wie umgehen mit rechter Mobilisierung und AfD – Perspektiven ostdeutscher Antifas

Referent*innen: ostdeutsche Antifas

Info: Gemeinsam mit euch und unseren Gästen aus Dresden und Eisenach wollen wir blitzlichtartig eine Bestandsaufnahme der Zustände einiger ostdeutscher Städte machen, uns über positive sowie negative Erfahrungen, geglückte und gescheiterte Organisierungsstrategien und eure kreativen Ideen austauschen. Was tun gegen die wachsende Mobilmachung extrem Rechter Akteure und Bündnisse in der Stadt und auf dem Land? Wie können wir uns resilient und wirksam antifaschistisch organisieren, welche Strategien gilt es zu entwickeln und zu verändern und inwiefern können Ost- und Weststädte hier sinnvoll zusammenarbeiten?

Zu diesen und weiteren eurer mitgebrachten Gedanken und Fragen wollen wir unsere Köpfe zusammen stecken, uns austauschen und gemeinsam an möglichen Perspektiven arbeiten, die auch weiterhin einen Ansatz für eine stabile linke Antwort auf gesellschaftliche Zuspitzungen liefern können.


18:00-19:00 Uhr: Pause / Abendessen (Küfa)


Abends


19:00-20:30 Uhr: Abschlusspodium

(Selbst-)kritisches Abschlussgespräch

Gespräch zwischen Genoss*innen

Info: Wir haben Genoss*innen eingeladen, am Kongress teilzunehmen und den Kongress inhaltlich zu begleiten, um Abends ein Gespräch über Streitpunkte, Kritik und offene Fragen des Kongresses zu führen.